Gerechtigkeit in transkultureller Perspektive

  • Erscheinungsdatum: 23.02.2016
  • Paperback
  • 340 Seiten
  • 22.2 x 14 cm
  • Fadenheftung
  • ISBN 978-3-95832-081-9
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Beschreibung


Die Frage nach Gerechtigkeit stellt sich auf eine besondere und dringliche Weise in einer Phase der Postdiktatur. Der vorliegende Sammelband widmet sich dieser brisanten Thematik auf nationaler wie internationaler Ebene und ist das Ergebnis einer deutsch-arabischen Zusammenarbeit zum Thema Gerechtigkeit in transkultureller Perspektive.

Drei Schwerpunkte bestimmen die Untersuchungen der Autorinnen und Autoren:

1. Übergangsgerechtigkeit und Wiedergutmachung: In diesem Themenschwerpunkt widmen sich die Beiträge der Postdiktaturphase im Übergang zu einer stabilen und ressentimentfreien Gerechtigkeitsordnung. Hier steht vor allem die Frage im Mittelpunkt, welches die zur Herstellung einer nationalen Versöhnung angemessene Kombination von Strafe, Entschädigung und Amnestie ist. Vergleichend und aus dem Blickwinkel unterschiedlicher Disziplinen analysieren die Beitragenden die Gerechtigkeitsdebatte der Postdiktaturphasen in Deutschland, Marokko, Südafrika und Tunesien.

2. Innerstaatliche Verteilungsgerechtigkeit: Die Frage nach der herzustellenden Gerechtigkeit hat einen retro- und einen prospektiven Aspekt. Unter welchen Bedingungen sind alte Eigentumsverhältnisse akzeptabel und wann ist eine Korrektur derselben erlaubt oder geboten? Mit der Wiedergewinnung demokratischer Kontrolle über staatliches Verteilungshandeln wird auch die Frage nach der gerechten Teilhabe aller Regionen an den Ressourcen des Landes virulent werden.

3. Zwischenstaatliche Gerechtigkeit: Bei der Behandlung der innerstaatlichen Gerechtigkeitsprobleme wird schnell deutlich, dass der nationale Gestaltungsspielraum der Gerechtig-keitsordnung durch das bestehende System supranationaler Regulierungen und Organisationen eng begrenzt ist. Aus den Hoffnungen einer enttäuschten arabischen Jugend auf gerechte Lebensverhältnisse werden deshalb auch Forderungen nach einer Neuordnung der globalen Institutionen entstehen. Diese Forderungen werden an die Länder, die jetzt die globale Ordnung dominieren, adressiert sein. Zur Herstellung eines Zustands wechselseitiger Akzeptanz ist auch hier die Gewinnung eines Maßstabs dafür, was man berechtigterweise voneinander fordern darf, unabdingbar.

Sarhan Dhouib


Sarhan Dhouib ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Philosophie der Universität Hildesheim. 2011 erhielt er den Nachwuchspreis für Philosophie des Goethe-Instituts. Seit 2013 ist er Mitglied der Arab-German Young Academy of Sciences and Humanities (AGYA). 2020 erhielt er das Feodor Lynen Forschungsstipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung. Arbeitsschwerpunkte: Deutscher Idealismus, Politische Philosophie, Arabisch-islamische Philosophie der Moderne, interkulturelle Philosophie. Auch bei Velbrück Wissenschaft erschienen: Sprache und Diktatur. Formen des Sprechens, Modi des Schweigens (Hg., 2018), Toleranz in transkultureller Perspektive (Hg., 2020), Erinnerungen an Unrecht. Arabisch-Deutsche Perspektiven (Hg., 2021).

Pressestimmen


Die in dem Band dokumentierten und sinnvoll in einen Zusammenhang gestellten Beiträge bewegen sich in einem Gewebe von Kulturen, Glaubensweisen und Disziplinen, was den Leserinnen und Lesern ermöglicht, einen multidimensionalen und pluralistischen Zugang zu einer, wenn nicht der wichtigsten Fragen der Gegenwart zu gewinnen. Gerechtigkeit steht als ein kommunikativer Prozess der Aushandlung jenseits imaginativer Grenzziehungen vor allem zwischen Kulturen und Konfessionen, aber auch Disziplinen zur Diskussion.
Detlev Quintern, DAVO, Bd. 42/43, August 2017.
Dieser Ansatz garanatiert nicht nur Originalität und Pluralität, er zeichnet sich auch aus durch eine hohe Aktualität, sodass hier Philosophie im besten Sinne eine Praxisrelevanz gewinnt, die einer oft nur technizistisch und mittels quantitativer Indikatoren geführten Debatte einen normativen Bezugsrahmen liefert, dessen diese in einer immer konfliktträchtiger werdenden Welt dringend bedarf. Zugleich wird der Blick geöffnet für die Lebendigkeit und Kreativität philosophischer Debatten in einem Kulturkreis, der in Europa nach wie vor sträflich (und oft arrogant) übersehen wird.
WeltTrends, Heft 120 (2016), Werner Ruf.