Humandifferenzierung

Disziplinäre Perspektiven und empirische Sondierungen

  • Erscheinungsdatum: 22.02.2021
  • broschiert
  • 372 Seiten
  • 22.2 x 14 cm
  • ISBN 978-3-95832-242-4
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Beschreibung


Das Konzept der Humandifferenzierung bezeichnet einen Forschungsansatz zu der Frage, wie Menschen sich unterscheiden: sowohl voneinander als auch von nicht-menschlichen Entitäten wie Tieren und Artefakten. Die kulturelle Differenzierung von Menschen läuft zeitgleich in verschiedenen Sinnschichten des Kulturellen ab: Sie wird perzeptiv durch kognitive Schemata vollzogen, sprachlich durch Lexeme, Redewendungen und grammatische Strukturen, diskursiv durch Erzählungen, populäre und gelehrte Thematisierungen, praktisch durch situierte Tätigkeiten und habitualisiertes Gebaren, sozialstrukturell durch soziale Gebilde von Organisationen über imaginierte Gemeinschaften bis zu gesellschaftlichen Teilsystemen, und schließlich auch in materiellen Infrastrukturen aus habituell geformten Körpern, Artefakten und Kommunikationsmedien.
Der Band versammelt theoretische Überlegungen und empirische Analysen aus Soziologie, Sozialpsychologie, Ethnologie, Geschichts- und Translationswissenschaft, Theater- und Medienkulturwissenschaft, Amerikanistik, Afrikanistik und Germanistik. Seine Beiträge untersuchen Ordnungsprozesse von feinen kognitiven Unterscheidungen über die verschiedenen Aggregatzustände der Sprache und die bürokratische Rekategorisierung von Flüchtlingen bis zur Geschichte gesellschaftlicher Differenzierung. Sie analysieren Grenzverwischungen: in Translationsprozessen, in der Ambiguität der Bildstrecken von Lifestyle-Magazinen, in der spielerischen Camouflage des Translanguaging und den Seiten¬wechseln von Schauspielern, in der Kombination von Leistung und Behinderung in der Bühnengeschichte und im systematischen Vergleich von Alter und ›Rasse‹ als Formen der Humandifferenzierung. Schließlich betrachten sie die Außengrenzen des Humanen: die humanoiden Maschinenwesen der Robotik, die dienenden Unpersonen digitaler Assistenzsysteme sowie die Humandifferenzierung durch die Algorithmen der Videoüberwachung.

Dilek Dizdar


Dilek Dizdar ist Professorin für Interkulturelle Germanistik und Translationswissenschaft an der Johannes Gutenberg Universität Mainz, sowie Dekanin des Fachbereichs Translations-, Sprach- und Kulturwissenschaft.

Stefan Hirschauer


Stefan Hirschauer ist Professor für Soziologische Theorie und Gender Studies an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz sowie Sprecher der DFG-Forschergruppe Un/doing Differences. Praktiken der Humandifferenzierung. Seit 2015 hat er die Paul Lazarsfeld Gastprofessur an der Universität Wien inne.

Johannes Paulmann


Johannes Paulmann ist Professor für Neuere und Neueste Geschichte und Direktor des Leibniz-Institutes für Europäische Geschichte an der Johannes Gutenberg Universität Mainz.

Gabriele Schabacher


Gabriele Schabacher ist Professorin für Medienkulturwissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz sowie Geschäftsführende Leiterin des Instituts für Film-, Theater-, Medien- und Kulturwissenschaft.

Pressestimmen


Und kaum je habe ich einen Sammelband gesehen, der so deutlich performativ einlöst, was der theoretische und empirische Ausgangspunkt des Themas verspricht: Der den SFB konstituierende, kulturtheoretisch informierte Ausgangspunkt ist tatsächlich die prinzipielle Kontingenz „kultureller“ Formgebungen, deren Formenreichtum offensichtlich kaum Grenzen kennt, was durch die fast 400 Seiten an Beispielen dafür deutlich dokumentiert wird.
Armin Nassehi, Soziologische Revue 2022; 45(3)