Die freiheitliche demokratische Grundordnung

Ergebnis und Folgen eines historisch-politischen Prozesses

  • Erscheinungsdatum: 21.01.2019
  • Buch
  • 404 Seiten
  • 22.2 x 14 cm
  • ISBN 978-3-95832-165-6
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Beschreibung


Die ›freiheitliche demokratische Grundordnung‹ (fdGO) ist Kern der ›wehrhaften Demokratie‹ der Bundesrepublik. Als zu schützendes Rechtsgut ist sie in den Art. 18 und 21 GG benannt. Sie legitimiert exekutive und judikative sowie Abwehr- und Überwachungsmaßnahmen gegen politische Akteur/innen.
Die vorliegende Arbeit vollzieht die Genese der fdGO als überpositives Rechtsgut nach, das heißt, wie sie vom unklaren Begriff im Verfassungstext zu einer verallgemeinerten Formel geworden ist. Als Quellen dienen Verfassungs- und Gesetzgebungsprozesse sowie juristische Kommentarliteratur und Gerichtsurteile. Methodisch wird die juristische Argumentationsweise politikwissenschaftlich kontextualisiert – auch um einen politikwissenschaftlichen Zugang zu Rechtstexten zu entwickeln. Im Fokus stehen die Debatten im Parlamentarischen Rat, der Gesetzgebungsprozess des 1. Strafrechtsänderungsgesetzes von 1951, die Parteiverbotsurteile des Bundesverfassungsgerichts und die ersten Kommentare zum Grundgesetz.
Zudem stehen das Konzept der ›wehrhaften Demokratie‹ und die dazugehörigen geschichtspolitischen Legitimationen mit Bezug zu Weimarer Republik und Nationalsozialismus auf dem Prüfstand. Die Autorin gleicht die verschiedenen Positionen im staatsrechtstheoretischen »Weimarer Methodenstreit« mit nationalsozialistischen Rechtsauffassungen ab und zeigt so Traditionslinien auf, die sich
auch in den Begründungen des Konzepts der ›wehrhaften Demokratie‹ wiederfinden. Deutlich wird dabei, dass die Narrative von der ›wehrlosen‹ Weimarer Republik und der ›legalen‹ Machtübernahme des Nationalsozialismus juristisch- zeitgeschichtlich überprüft werden müssen. Nach der historischen Kontextualisierung der fdGO werden ihre Ausbreitung und Anwendung in verschiedene Rechts- und Politikbereiche beleuchtet. Abschließend fragt die Studie nach den Konsequenzen des juristischen Blicks für politisches Handeln.

Sarah Schulz


Sarah Schulz studierte Politikwissenschaft an der Universität Leipzig und promovierte mit der vorliegenden Arbeit an der Universität Kassel. Derzeit ist sie Koordinatorin des Forschungsverbundes Sozialrecht und Sozialpolitik (FoSS) und des Promotionskolleg „Soziale Menschenrechte“ der Universität Kassel und der Hochschule Fulda.

Publikation: Die freiheitliche demokratische Grundordnung

Pressestimmen


Die große Stärke der Untersuchung liegt in ihrer detaillierten Analyse der Begriffsgenese der fdGO in der frühen Bundesrepublik. Die Thesen zum Perspektivwechsel vom Antifaschismus zu einem immer stärkeren Antikommunismus leuchten ein und sind gut belegt. Die Kritik der Verfasserin an der Demokratieferne der „wehrhaften Demokratie“ schließt an Helmut Ridder, Wolfgang Abendroth und Ingeborg Maus an und kann hier Fäden wieder aufgreifen, die zumindest in der Rechtswissenschaft eher verloren zu gehen drohen.
Alexander Tischbirek, H-Soz-Kult, 30.01.2020.
Die Stärke der Studie liegt in ihrer stringenten Aufarbeitung des umfassenden Materials. Insbesondere das Herausarbeiten der historischen Entstehungsbedingungen der fdGO und der unterlegenen Positionen sind sowohl für die Einschätzung gegenwärtiger politischer Bewegungen als auch die wissenschaftliche Forschung von großer Bedeutung.
Daniel Keil, Politische Vierteljahresschrift 2/2018.
Mit Karl Marx, Johannes Agnoli, Louis Althusser, Antonio Gramsci, Herbert Marcuse und Ingeborg Maus wendet sich die Autorin in einer Fundamentalkritik gegen die »ideologischen und repressiven Mechanismen« der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. [...] Zur Munitionierung dieser Generalkritik beschäftigt sich Sarah Schulz mit den Faktoren, die zum Untergang der Weimarer Republik geführt haben sowie deren Deutung in der Bundesrepublik als angebliches Scheitern der ersten deutschen Republik von Weimar durch den staatsrechtlichen Positivismus und eine vermeintliche »Wehrlosigkeit« gegenüber dem Nationalsozialismus, die als Kontrastfolie zur Legitimation der freiheitlich-demokratischen Grundordnung verwendet wird.
Sebastian Felz, webcritics.de, 21.07.2019.
Schulz' Monographie erscheint in jeder Hinsicht zur rechten Zeit. Sie leistet einen intellektuell tiefschürfenden Beitrag zur Annäherung von Politik- und Rechtswissenschaft und erschüttert selbstgefällige Verfassungsfolklore, wie sie im letzten Jahrzehnt in der Bundesrepublik Raum zu greifen drohte.
Tim Wihl, Kritische Justiz, Heft 3/2019.
[Schulz'] Untersuchung [liefert] vielen verwandten Arbeitsfeldern entscheidende Ansatzpunkte für eine interdisziplinär informierte Kritik an repressiver Staatlichkeit, die sich durch Verweise auf die fdGO zu legitimieren versucht.
Dominik Feldmann, ZME, Nr. 120, Dez. 2019.