Imaginierte Laien

Die Macht der Vorstellung in wissenschaftlichen Expertisen

  • Erscheinungsdatum: 01.06.2004
  • Paperback
  • 220 Seiten
  • Fadenheftung
  • 22.2 x 14 cm
  • ISBN 978-3-934730-79-3
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Beschreibung


Die Kommunikation zwischen den Wissenschaften und der Öffentlichkeit verläuft gegenwärtig immer noch schwerfällig. Unterschiedliche Erwartungen auf beiden Seiten führen zu Mißverständnissen und Spannungen. Doch von allen wird die Forderung nach einem intensiveren Dialog zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit erhoben.

Ein solcher Dialog ist vor allem in Forschungsbereichen zu erwarten, die außerhalb der Universitäten angesiedelt sind und anwendungsorientiertes Wissen für ein Laienpublikum zur Verfügung stellen sollen. Allerdings wird auch dort Wissen häufig für, aber kaum mit der Öffentlichkeit entwickelt und überprüft. Mit welchen Mechanismen wird diese Kluft überwunden? Die Analysen der Forschungsgruppe Priska Gisler, Michael Guggenheim, Alessandro Maranta Christian Pohl und Helga Nowotny zeigen: Das angesprochene Publikum wird imaginiert.
Das Konzept imaginierter Laien erläutert, wie Vorstellungen über Laien in den Expertisen von Sachverständigen es ermöglichen, daß der wissenschaftliche Sachverstand im Alltag erfolgreich umgesetzt werden kann, ohne daß Erwartungen der Öffentlichkeit enttäuscht werden. Anwendungsorientierte Expertise muß nicht nur den wissenschaftlichen Zusammenhängen genügen und theoretisch konsistent sowie empirisch überprüft sein. Ebenso muß sie alltäglichen Handlungszusammenhängen gerecht werden und pragmatische Kohärenz garantieren. Diese unterschiedlichen Zusammenhänge müssen von den Sachverständigen zur Deckung gebracht werden. Den imaginierten Laien werden zu diesem Zweck Handlungskompetenzen und Handlungsrationalitäten zugeschrieben. Sie werden in vereinfachten Zusammenhängen gedacht, die mit dem Design der Expertise kompatibel sind. Erfolgreiche Expertise, so die Schlußfolgerung der Forschungsgruppe, bedeutet paradoxerweise zumeist, daß zunächst Erwartungen der Sachverständigen bezüglich der Öffentlichkeit erfüllt werden und nicht umgekehrt die Wissenschaft auf die Laien zugeht. In bezug auf die legitimen Erwartungen der Öffentlichkeit bleibt ein solches Vorgehen unzureichend. Derartigen Expertisen droht daher medial inszenierter oder politischer Widerstand.
In vier Fallstudien werden die imaginierten Laien untersucht: Ausstellungen, in denen Laien die Wissenschaft näher gebracht werden soll, Umweltberatungsfirmen, die für Behörden Maßnahmen zum Schutz der Umwelt erheben sollen, Aushandlungsprozesse, die um die angemessene Kennzeichnungspflicht gentechnisch veränderter Lebensmittel geführt werden, sowie die transdisziplinäre Umweltforschung. Im Schlußkapitel werden die Funktionen untersucht, die dem ›imaginierten‹ Dialog zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit zukommen.

Priska Gisler


Priska Gisler

Priska Gisler, Studium der Soziologie, Geschichte der Neuzeit, Wirtschafts- und Sozialgeschichte in Zürich, 1999 Promotion in Bern und Potsdam im Bereich der Gender Studies zum Verhältnis von Frauenbewegung und der Institutionalisierung von geschlechterpolitischen Anliegen, 1998-2002 Oberassistentin an der Professur für Wissenschaftsphilosophie und -forschung der ETH Zürich, Lehrbeauftragte der ETH und der Hochschule für Gestaltung und Kunst, Zürich, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Collegium Helveticum der ETH Zuerich mit einem Projekt zur Politik der Vermittlung und dem Wandel der Kulturen der Darstellung in der Wissenschaft. Seit 2009 Leiterin des Forschungsschwerpunkts Intermedialität.

Michael Guggenheim


Michael Guggenheim, Studium der Volkskunde, Soziologie und europäischen Volksliteratur in Zürich und Berlin. 1999-2002 Assistent an der Professur für Wissenschaftsphilosophie und Wissenschaftsforschung der ETH Zürich, Lehrbeauftragter an der Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich. Aktuell Dozent am Goldsmiths Universtiy of London.

Alessandro Maranta


Helga Nowotny


Helga Nowotny

Helga Nowotny war von 1996 bis zu ihrer Emeritierung im Jahre 2002 Professorin für Wissenschaftsphilosophie und Wissenschaftsforschung an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich und Leiterin des Collegium Helveticum. Sie ist ehemalige  Vorsitzende von EURAB (European Research Advisory Board der Europäischen Kommission) und von ERA Council Forum Austria.

Publikationen bei Velbrück: Wissenschaft neu denken, Imaginierte Laien

Christian Pohl


Christian Pohl

Christian Pohl, Studium der Umweltnaturwissenschaften und Promotion im Bereich der ökologischen Bewertung an der ETH Zürich, Leiter des transdisciplinarity-net der Schweizerischen Akademie der Naturwissenschaften und Lehrbeauftragter an der ETH Zürich. Aktuell Mitarbeiter am Institut für Umweltentscheidungen der ETH Zürich.

Pressestimmen


Wie eine solchen Wissenschaftsproduktion aussehen könnte, bei der Laien zumindest theoretisch beteiligt sind, hat Nowotny in einem zweiten neuen Buch diesmal mit Zürcher Mitarbeitern untersucht. Unter dem Titel »Imaginierte Laien« wird da in vier Fallstudien über vier sehr unterschiedliche Bereiche erkundet, inwieweit die Anliegen der Öffentlichkeit in Expertisen eingehen bzw. Laien daran mitbeteiligt sind.
K.T., Falter 41/04.