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Generative Realitäten I

Die Technologische Zivilisation als neue Achsenzeit und Zivilisationsstufe. Eine Anthropologie des 21. Jahrhunderts

  • Erscheinungsdatum: 23.09.2019
  • Buch
  • 788 Seiten
  • 22.2 x 14 cm
  • ISBN 978-3-95832-178-6
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Beschreibung


Die Menschheit befindet sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts zweifellos an der Schwelle zu einem neuen Zeitalter. Entwicklungen wie die globale Vernetzung, die Algorithmisierung und Datafizierung, die Industry 4.0 und die NBIC-Technologien markieren den Übergang von der Moderne zur Technologischen Zivilisation. Es stehen jedoch keine konkreten Kriterien zur Bestimmung dieser Geschichtsphase bereit, geschweige denn Ansätze zur Antizipation der einhergehenden Transformationen. So vermögen weder die Theorien der Postmoderne und die Sozialevolutionstheorien der letzten Jahrzehnte, noch die Trans- und Posthumanismen aufgrund ihrer epistemologischen Antiquiertheit und spekulativ-fiktiven Anlage diesen Übergang adäquat zu erfassen. Der Totalität des Übergangs entsprechend muss er vor dem Hintergrund der gesamten Zivilisationsgeschichte verortet werden. Ist die Technologische Zivilisation also eine neue Achsenzeit und Zivilisationsstufe? Welche neuen Weltverhältnisse, Kognitionsformen, Subjekttypen, Sozial- und Wirtschaftsstrukturen, aterialitäten, Zeitvorstellungen und Metaphysiken werden dabei entstehen?
Die interdisziplinäre Studie untersucht zur Beantwortung dieser Fragen die frühe Kulturevolution auf allgemeine Entwicklungsmuster und -prinzipien, um die Tiefenstrukturen kultureller Evolution freizustellen und formale Kriterien zur Bestimmung diskreter Entwicklungsgrade abzuleiten. Hierdurch kann nachgewiesen werden, dass sich der Prozess der Nischenerweiterung in der Zivilisationsgeschichte fortführt: Die Zäsuren Achsenzeit, Neuzeit und die anbrechende technologische Zivilisation erweisen sich als kulturevolutionär und kumulationslogisch notwendig aufeinander aufbauende Grade zivilisatorischer Entwicklung.
Durch die vorliegende integrativ-synthetische Anthropologie und Zivilisationstheorie wird die Zivilisationsgeschichte als regulärer Naturprozess begreifbar. Sie rückt dadurch nicht nur alle Phänomene der Kultur- und Geistesgeschichte in ein neues Licht, sondern ermöglicht auch kulturevolutionär begründete futurologische Extrapolationen und legt hierdurch Orientierungspunkte für die aktive Gestaltung der Zukünfte der Menschheit vor.

Davor Löffler


Davor Löffler promovierte im Fach Soziologie an der Freien Universität Berlin. Während des Promotionsstudiums lehrte er Soziologie und Philosophie an der Berliner Technischen Kunsthochschule und nahm Forschungsaufenthalte am Center for Bits and Atoms des MIT in Boston, dem Interacting Minds Center in Aarhus und dem Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Tübingen wahr. Er ist derzeit als Lehrbeauftragter für Wissensgeschichte und Epistemologie an der Leuphana Universität Lüneburg und als Dozent für Anthropologie und Techniktheorie an der interdisziplinären Plattform »The New Center for Research and Practice« tätig.

Pressestimmen


Ein ganz großer Wurf

Löffler präsentiert eine dezidiert unbescheidene Unternehmung. Er will »die Entwicklung des Menschen vom ersten Werkzeuggebrauch vor etwa drei Millionen Jahren bis in die hochtechnisierte Kulturform der Gegenwart hinein« historisch-genetisch nach »übergreifenden Mustern der Generativität« durchforsten (S. 33). Und festzuhalten ist gleich eingangs, dass er sein Programm nicht nur ankündigt, sondern auch einlöst. [...] Tatsächlich präsentiert das Buch im Unterschied zu geläufigen Zeitdiagnosen soziologischer Provenienz eine Vielzahl ebenso erhellender wie bereichsübergreifender empirischer Befunde und gibt zugleich hinreichend abstrakte Konzeptualisierungsmöglichkeiten an die Hand. Selbst wer Löfflers großen theoretischen Synthesen und tiefenfuturologischen Vermutungen nicht oder nur mit Vorbehalten zu folgen vermag, findet konzise Einblicke in das weite und interdisziplinär aufgespannte Forschungsfeld, in dem die soziokulturelle Evolution Thema und Gegenstand ist. Zu ihm hat die Soziologie bisher nicht nur wenig beigetragen, unser Fach hat es in Wahrheit auch kaum zur Kenntnis genommen. Schon aus diesem Grund verdient Davor Löfflers Anthropologie möglichst viele aus der Soziologie kommende Leserinnen und Leser.
Hanno Pahl, Soziopolis, 14.01.2020.
Das vorliegende Buch ist mit 788 Seiten nichts weniger als ein gut begründeter wissenschaftlicher Vorschlag, Entwicklungsbedingungen, Gegenwart und mögliche zivilisatorisch-technische Zukunft des Menschen koevolutionär zu bestimmen. Es ist, aus meiner Sicht, ein beeindruckender entwicklungswissenschaftlicher Ansatz, der den Menschen weder exklusiv biologisch, noch kognitive, kooperative, kommunikative, soziale, handwerkliche, technische, industrielle Bedingungen biologiefrei bestimmt. [...] Der Autor stellt selbstsicher, und dies mit Recht, die Frage: »Was ist mit dieser Untersuchung gewonnen?« (640). Für mich besteht der unabweisbare Gewinn darin, sich anthropologisch, entwicklungs- und veränderungswissenschaftlich von eurozentrischen Gesellschaftsmodellen ebenso zu verabschieden wie von Kulturrelativismus.
Manfred Faßler, Soziologische Revue 2020; 43(4).
Löffler's Generative Realitäten brings together a multitude of perspectives on the co-evolution of technology and humanity; seamlessly integrating cognitive archaeology, process philosophy, Heideggerian philosophy of technology, anthropology and sociology. Through the simple definition of process-emulative recursion as a civilizational principle, Löffler succeeds in supplying a comprehensive process model for the evolution of civilization; identifying the patterns underlying technological advances and corresponding ontological shifts. Perhaps the most striking feature of this book is that its macroscopic stance is surprisingly well-suited to empirical work: studying the patterns undergoing quantitative and qualitative shifts, research from any field can more fully understand in which historical-ontological dependence specific sites of investigation lie. Well beyond the typical shortcomings of post-/transhuman speculation, Löffler thereby provides a foundational text for any serious investigation into the past, the now and the next. Translation into english is desperately needed!
Jesse Josua Benjamin, 02.11.2020.