Weltzugänge

Die mehrdimensionale Ordnung des Sozialen

  • 1. Auflage
  • Erscheinungsdatum: 01.03.2014
  • broschiert
  • 368 Seiten
  • 22.2 x 14 cm
  • ISBN 978-3-942393-76-8
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Beschreibung


Die sozialtheoretischen Diskussionen der letzten Jahrzehnte haben zu neuartigen Anforderungen an eine allgemeine Sozialtheorie geführt. Wie muss eine allgemeine Theorie des Sozialen aussehen,
– die den Kreis legitimer Akteure als historisch variabel, das heißt: als kontingent begreift, statt ihn wie selbstverständlich auf den Kreis lebendiger Menschen zu beschränken;
– die die Natur-Kultur-Unterscheidung nicht als gegeben voraussetzt, sondern als eine mögliche Ordnung des Zugangs zur Welt begreift;
– die Ordnung nicht nur als eine Ordnung des Sozialen analysiert, sondern auch Materialität und die Dimensionen von Raum und Zeit einbezieht;
– die Gewalt als ordnungsbildende Kraft begreifen kann;
– die eine Perspektive für die Formulierung einer Gesellschaftstheorie erschließt?

Mit Blick auf die allgemeine Theoriedebatte werden in diesem Buch drei Diskussionstränge zusammengeführt:
(1) das Konglomerat an Debatten um die Notwendigkeit theoretischer Neuorientierungen (»turns« oder »Wenden« wie linguistic turn, material turn, body turn, pictorial turn oder spatial turn);
(2) die Problematisierung der Grenzen der Sozialwelt bzw. des Akteursstatus nichtmenschlicher Entitäten;
(3) die immer wieder aufflackernden Auseinandersetzungen um die Bedeutung von Gewalt für die Gestaltung sozialer Prozesse.

Die Theorie der Weltzugänge führt diese Aspekte zu einer Theorie mehrdimensionaler Ordnungsbildung zusammen und entwickelt dabei zugleich eine Perspektive für die Ausarbeitung einer Gesellschaftstheorie. Dieser Schritt ist theoriearchitektonisch notwendig, denn dadurch lassen sich die Sozialtheorie und damit auch die durch sie angeleiteten Forschungen reflexiv historisch situieren – dies ist die Voraussetzung für eine rationale Theoriekonstruktion.

Gesa Lindemann


Gesa Lindemann

Gesa Lindemann studierte Soziologie und Rechtswissenschaft in Göttingen und Berlin und ist seit 2007 Professorin für Soziologie an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Sozial- und Gesellschaftstheorie, Soziologie der Menschenrechte, Methodologie der Sozialwissenschaften, Anthropologie, Medizinsoziologie. 

1985 schloss Gesa Lindemann ihr Studium mit dem Diplom in Soziologie ab. Sie war von 1987 bis 1988 und 1990 bis 1992 Wissenschaftliche Angestellte der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft in Berlin. 1993 promovierte sie an der Universität Bremen mit dem Thema »Zur sozialen Konstruktion von Geschlecht«. Anschließend wurde sie von 1993 bis 1994 Lehrbeauftragte für Soziologie an der FU Berlin und von 1994 bis 1999 wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Heinz Steinert an der Universität Frankfurt am Main. Gesa Lindemann habilitierte sich 2001, danach verschiedene Lehraufträge und Vertretungsprofessuren sowie Visiting-Professuren in Großbritannien, Brasilien und Schweden.

Pressestimmen


Lindemanns Analysen der Plessnerschen philosophischen Anthropologie gehören zweifellos zu den kenntnisreichsten Ausführungen, die derzeit zu bekommen sind. Der systematische Anspruch, den die Autorin mit diesen Ausführungen verbindet, schlägt überdies ein ums andere Mal höchst aufschlussreiche Funken, die Licht auf viele aktuelle theoretische Fragen der Soziologie werfen. Es kann nicht unterschlagen werden, dass Lindemanns Konzeption des ›primordialen‹ Modus der sozial-zeitlich und räumlich expandierten Weltoffenheit z. B. die leicht stagnierende Debatte innerhalb der Praxeologie (bezogen auf die Frage nach der intentionalen Infrastruktur von Praktiken) um Längen an Differenziertheit schlägt. Hier sind viele Einsichten zu gewinnen, die von der Fachdiskussion verarbeitet werden müssen. Denn hier entfalten die Überlegungen von Lindemann – als systematische Explikation immer noch aktueller Implikationen der Plessnerschen Anthropologie – tatsächlich einen weiterführenden Zugang zu der Frage, wie eigentlich die Spannung zwischen situationstranszendenter Ordnung und praktischem Situationsvollzug bearbeitet werden müsste.
Joachim Renn, Soziologische Revue, 41(3).
Der Versuch Lindemanns, unterschiedliche Dimensionen ›zusammenzudenken‹, um aus dem Anthropologischen ins Soziale und sogar ansatzweise ins Gesellschaftsdiagnostische vorzustoßen, sie in ein Gefüge zu bringen und damit tatsächlich so etwas wie einen ›Weltzugang‹ zu umschreiben, ist […] bemerkenswert und nützlich. (...) [D]er Versuch, den ›Weltzugang‹ in toto zu konzipieren und eine brauchbare Systematik für die Analyse ganzer ›Welten‹ zu entwerfen, systematischer als bei Plessner, Husserl und den anderen, verständiger als bei Luhmann, hat etwas Faszinierendes.
Sociologia Internationalis Bd. 53, 2015 Heft 2, Manfred Prisching.
Die Soziologin Gesa Lindemann arbeitet verdienstvoll und überaus gekonnt in ihrem Diskursbuch "Weltzugänge" aus der mehrdimensionalen Ordnung des Sozialen in ihrer Theoriedebatte drei Diskursstränge/Entitäten heraus.
kulturpunkt.ch, Juni 2014, Walter Prankl.
Gesa Lindemann gelingt es treffend, die Unterschiedlichkeit der Positionen zu belegen, aber die einzelnen Diskussionselemente in eine kohärente Struktur zu verpacken, so dass es dem Leser möglich ist, den Entstehungsprozess der Theorie des Sozialen gut verfolgen zu können.
socialnet.de, 16. Dezember 2014, Joschka Sichelschmidt.